War Beethoven in Koblenz?

Da die beiden wichtigsten Verbindungen zwischen Beethoven und Koblenz [Anm.: Maria Magdalena van Beethoven, seine Mutter, und Franz Gerhard Weger, sein Jugendfreund] nun erläutert wurden, bleibt eine Frage: War Beethoven selbst jemals in Koblenz?
Anhand von Quellen lassen sich insgesamt lediglich mehrere Durchfahrten beweisen. So führten die Routen der zwei Reisen nach Wien 1787 und 1792 durch Koblenz bzw. Ehrenbreitstein. Nachgewiesen ist auch eine Schiffstour der Bonner Hofskapelle im Jahr 1791, die durch Koblenz nach Mergentheim führte. Auf seiner zweiten Wienreise soll er am 5. November 1792 im Gasthof „Zur Post“ übernachtet haben. *57
Es ist aber zu vermuten, dass Beethoven auch in seiner Kindheit gemeinsam mit seiner Mutter Verwandtschaft in Ehrenbreitstein besucht hat. Auf die gelegentlichen Besuche von Verwandten in Bonn wurde ja bereits verwiesen. Warum also sollte nicht umgekehrt Maria Magdalena van Beethoven ihre Ehrenbreitsteiner Verwandtschaft besucht haben? Dass Beethoven auch mit seiner Mutter Reisen z.B. zu Verwandten nach Holland unternahm, geht aus Gottfried Fischers Aufzeichnungen hervor. Tatsächlich findet sich dort auch die Beschreibung eines Ausfluges nach Koblenz, an dem der junge Ludwig van Beethoven teilgenommen haben könnte. Ebenjene Verwandte Anna Maria Magdalena Rovantini, die in Rotterdam als Gouvernante bei einer reichen Dame angestellt war, kam nach dem Tod ihres Bruders Franz Rovantini zusammen mit dieser reichen Dame samt Tochter nach Bonn, um Abschied zu nehmen und das Rheinland zu besichtigen. Einen Monat wohnten die Besucher bei Familie van Beethoven und unternahmen währenddessen immer wieder gemeinsame Ausflüge zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten in Bonn und Umgebung:

„Außer Bonn ließ die Mi Frau immer den Wagen bestelle, wo sie fuhren, nach dem Kreützberg. Röttgen Jagd Schloss von Churfürst Clemens August erbauen ließ, und so, vor und Nach, dem Brüdler Schloss und Garten, nach Roßdorf an den saur Brunnen und Gottesberg. Und die Sehenswürdigkeit von dißer seit des Rheins wie auch von der ander seit, und so bis Rheinäck, Andernach und Laager See. Und nach Koblenz, und zu Fuß dan aussteigte um alles rech in Augenschein zu nähmen, wo sie sich dann nach ihre Thür am Abend wieder in Bonn einfannte“.

Nicht zuletzt wurde auch Beethovens Vater Unternehmungslust zugesprochen und so hat er gerne kleine Reisen mit seiner Familie unternommen.
Beethoven selbst zeigt in seinen Briefen aus der Wiener Zeit immer wieder Anzeichen von Heimweh, auch in der Korrespondenz mit Wegeler, z.B. im Brief vom 29. Juni 1801:

„mein Vaterland die schöne gegend, in der ich das Licht der Welt erblickte, ist mir noch immer so schön und deutlich vor meinen Augen, als da ich euch verließ, kurz ich werde diese Zeit <mir> als eine der glücklichsten Begebenheiten meines Lebens betrachten, wo ich euch wieder sehen und unsern Vater Rhein begrüßen kann.“

Beethovens Rückkehr ins Rheinland kam jedoch nie zustande, auch wenn Franz Gerhard und Eleonore Wegeier sich noch zu Ende von Beethovens Lebzeiten darum bemühten und diesen versuchten nach Koblenz zu holen:

„ich kann es mir nicht versagen Sie durch weniger Worte recht herzlich zu bitten alles waß über eine Reise hierher, versteht sich zu uns betrifft[?] bald möglichst in erfüllung zu bringen – ich habe die größte Hoffnung daß Sie sich hier bald ganz erholen würden, u. Ihr Besuch gewährte mir die Erfüllung eines meiner größten Wünsche – Warum soll denn die Badreise vorangehn kommen Sie, u. Sehn Sie erst waß vaterländische Luft vermacht.“ *65

Anmerkungen zu dieser Seite:

*57 Diese mögliche Übernachtung bietet natürlich auch Stoff für Geschichten. So findet sich in Hanns Maria Lux Roman „Der junge Beethoven“ eine ausgeschmückte Erzählung des Aufenthaltes von Beethoven in Koblenz (siehe Lux: Der junge Beethoven, S. 189-194).

*65 Dieses Zitat stammt aus dem von Eleonore Wegeler verfassten Nachtrag des Briefes. Wegeler selbst schlägt im Brief aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes Beethovens eine Kur mit gemeinsamer Reise durch den Süden Deutschlands und zu sich ins Rheinland vor. Siehe außerdem auch den Brief Wegelers vom 28. Dezember 1825: „Wirst du nie den Stephansthurm aus den Augen lassen wollen? Hat Reisen keinen Reiz für dich? Wirst du den Rhein nie mehr sehn wollen?“ und Eleonore Wegelers Brief vom 29. Dezember 1825: „Schon lange lieber Beethoven! War es mein Wunsch daß Wegeler ihnen einmal wieder schreiben möge – nun da dieser Wunsch erfüllt glaube ich noch ein paar Worte zusetzen zu müßen – nicht nur um mich etwas näher in ihr Gedächtniß zu bringen sondern um die wichtige Frage zu wiederholen ob sie gar kein Verlangen haben den Rhein u. Ihren Geburtsordt wiederzusehen – Sie werden uns zu jeder Zeit u. Stunden der willkommenste Gast sein – u. Wegeler u. Mir die größte Freude machen“.